Sachverhalt
Ein Patient war ab 2016 bei seinem Hausarzt wegen wiederholt auftretender Infekte der Atemwege in Behandlung. Im Jänner 2018 wurde bei ihm ein besonders aggressiver Lungentumor entdeckt, schließlich verstarb er am 2.2.2019. Es wurde sodann festgestellt, dass dem Hausarzt Ende Oktober 2017 ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.
Die Heilungschancen des Patienten haben sich mit einer medizinischen Wahrscheinlichkeit von 5 – 10 % (eher gegen 5 %) durch die Diagnoseverzögerung des beklagten Arztes verschlechtert. Es wurde angenommen, dass der Krankheitsverlauf mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 – 95 % gleich gewesen wäre.
Die klagende Verlassenschaft machte gegen den Beklagten wegen ärztlicher Fehlbehandlung Schadenersatzansprüche geltend.
Rechtliche Beurteilung
In erster Instanz wurde das Klagebegehren mangels Kausalität des Behandlungsfehlers abgewiesen.
Auch das Berufungsgericht in zweiter Instanz gab der Berufung nicht Folge. Prinzipiell müsste man nach herrschender Rechtsprechung im Prozess beweisen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den ärztlichen Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht worden sei. Nur wenn dieser Beweis gelungen ist, habe der belangte Arzt zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung mit größter Wahrscheinlichkeit nicht kausal für den Schaden des Patienten gewesen sei.
Im gegenständlichen Fall sei der Klägerin mit einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Schadenszufügung um 5 Prozentpunkte als eine bloß unwesentliche Erhöhung des Anscheinsbeweis für die Kausalität des Behandlungsfehlers des Beklagten misslungen. Außerdem müsste man davon ausgehen, dass dem Beklagten der Gegenbeweis gelungen wäre.
Stand: 23. Februar 2023
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